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Channel: Waterbölles - Kommunalpolitik
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Die Vision eines Studentenviertels am Markt bleibt sehr vage

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„Gebildete Menschen wandern ab, wir haben mehr Ein- als Auspendler, Menschen arbeiten gerne in Remscheid, aber sie wollen nicht hier leben. Dies geht eindeutig aus dem Revitalisierungskonzept der Stadtverwaltung hervor. „Dies gilt nicht nur für ältere Arbeitnehmer, sondern auch für Auszubildende und junge Erwachsene.“ So Sven Wolf, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion, im Januar nach einer Fraktionssitzung. Ergebnis der internen Diskussion: Schöpft die Stadt ihre Potentiale in puncto Wohnen aus? Oder ließe sich das Revitalisierungskonzept der Stadtverwaltung und das Regionale Strukturentwicklungsprogramm diesbezüglich ergänzen? Es fuchst die SPD, dass Jugendliche und junge Erwachsene „mangels attraktiver, preisgünstiger und lebensqualitativ hochwertiger Wohnquartiere“ in die umliegenden Universitätsstädte ziehen. Und sie stellt sich die konkrete Frage, ob das Quartier rund um den Markt nicht Möglichkeiten bieten könne, die bisher noch nicht ausgelotet und realisiert wurden. Die Aufgabe der Stadtverwaltung läge darin, praktische Arbeitsschritte unter baurechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte aufzuzeigen. Wolf wörtlich: „Wohnen, Arbeiten, Lernen und Freizeit aller Altersstrukturen in einem Viertel im Herzen der Stadt müssen nicht reine Vision bleiben. Für die Finanzierung werden wir Fördermöglichkeiten seitens der unterschiedlichen lokalen, regionalen und überregionalen Förderer ausloten.“

„Facharbeitermangel, ein Mangel an Bewerbern für industrielle Ausbildungen und der allgemeine Trend zu höheren Bildungsabschlüssen erfordern ein aktives Einwirken der Stadt auf Wohnangebote“, heißt es in der Anfrage an die Verwaltung. „Wohnheime, Wohnungen für junge Auszubildende und studentische Pendler, auch solche mit Familien und der Neubau des Berufskollegs in der Innenstadt würden zu einer langfristigen Verjüngung bei gleichzeitiger Aufwertung des Quartiers am Markt führen.“

Die Antwort der Verwaltung, die jetzt zur Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung, Energieeffizienz und Verkehr am kommenden Donnerstag vorgelegt wurde, dürfte die SPD in ihren Fragen kaum weiterbringen. Zwar bestätigt sie die Annahmen der SPD ausführlich (Ist-Zustand), bleibt aber eher allgemein, was die notwendigen Konsequenzen angeht. Zitat: „Das Konzept zur Revitalisierung der Innenstadt wird in den Folgejahren ... weiter zu konkretisieren sein. Die in der Anfrage genannten Aspekte können in diesem Prozess weiter hinterfragt werden und in die Fortschreibung einfließen. In Teilen sind sie bereits Gegenstand des im Konzept aufgezeigten Entwicklungsrahmens, beispielsweise in Bezug auf die Verbesserung der Wohnstandort- und Umfeldqualität.“ Praktische Arbeitsschritte  ließen sich aus den Empfehlungen zum Handlungsprogramm Wohnen der Stadt Remscheid (2012) ableiten, heißt es weiter. Letzter Satz: „Die relevanten Akteure für die Qualifizierung des Wohnungsbestandes sind die privaten Hauseigentümer.“

In ihrer Mitteilungsvorlage bestätigt die Verwaltung, dass in der Innenstadt “ein im gesamtstädtischen Vergleich überdurchschnittlicher Wohnungsleerstand“ besteht. Während Leerstandsquote im gesamten Stadtgebiet zu Beginn des Jahres 2014 bei rd. 7,6 Prozent gelegen habe, hätten in der Innenstadt mehr als neun Prozent  der Wohnungen leer gestanden – „kleinräumig in einigen Fällen sogar über 15 Prozent“.

Ausführlich zitiert die Verwaltung sodann zur Qualität des Wohnungsbestandes aus ihrer eigenen „Analyse der Konzeption zur Revitalisierung der Innenstadt“: „Der Wohnungsbestand in der Innenstadt Remscheid wurde zu einem hohen Anteil in der Wiederaufbauphase nach dem Krieg errichtet. In dieser Baualtersklasse wird nur ein geringer Teil der Wohneinheiten barrierefrei sein. Für attraktives Familienwohnen fehlen im Mietwohnungsbestand zudem vielfach private Freiflächen wie Gärten, Terrassen oder Balkone. Ferner muss aufgrund des Baualters von einem hohen energetischen Sanierungspotenzial ausgegangen werden. Ein nennenswerter Anteil des Gebäudebestandes wurde vor 1980 gebaut und damit noch vor dem Inkrafttreten der 2. Wärmeschutzverordnung, bei der eine Reduzierung der Wärmedurchgangswerte vorgeschrieben wurde.“

Daraus ergebe sich für jüngere Wohnungssuchende ein - auch im Vergleich mit den Zentren der Rheinschiene - quantitativ interessantes Angebot zu einem akzeptablen Mietpreis. Dennoch sei gegenüber den Nachbar- und Universitätsstädten der Region das Wanderungssaldo insbesondere in der für die demografische Entwicklung der Stadt bedeutsamen Altersgruppe der 18- bis 25-jährigen signifikant negativ. Eine Ursache sieht die Verwaltung darin, dass in Remscheid eine Hochschule oder gleichrangige Bildungseinrichtung fehlt. Inwiefern Remscheid für Studierende als Ausweichwohnstandort in Frage komme, bemesse sich auch an den Möglichkeiten, am Wohnstandort soziale Kontakte mit anderen Studierenden zu pflegen. Nach einem Vergleich der Pendelzeiten zwischen Remscheid und Wuppertal, Köln und Düsseldorf, zieht die Verwaltung das Fazit, dass „lediglich für Studierende der Universität in Wuppertal das Wohnungsangebot in Remscheid als räumlich attraktiv eingeschätzt“ werde. Allerdings böte der Wohnungsmarkt in Wuppertal selbst ein vergleichbares quantitatives Angebot. Als Zielgruppe einer Strategie zur Entwicklung des Innenstadtquartiers als Wohnquartier kämen daher wohl eher in Remscheid geborene Studierende infrage, sofern sie nicht ohnehin weiterhin im Elternhaus wohnen. Im Übrigen sei nicht bekannt, ob Wohnraum für Studierende (Wohnungen bzw. Wohnheimen) auch in einer Stadt bezuschusst werden könne, die gar nicht Standort einer Hochschule sein.

Waterbölles-Kurzkommentar: Vielleicht hätte ein Anruf im Wissenschafts- oder einem anderem Ministerium in Düsseldorf diese Frage klären können. Kurzum: Es kreißte der Berg und gebar ein Mäuslein. Oder war die SPD das Thema mit zu hohen Erwartungen angegangen?


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