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Channel: Waterbölles - Kommunalpolitik
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Neue Finanzrechnung, optimistische Option auf die Zukunft

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Um die Landeszuschüsse aus dem „Stärkungspakt“ nicht zu gefährden, muss die Stadt ihren Haushaltsanierungsplan bis zum 1. Dezember fortschreiben und der Bezirksregierung in Düsseldorf vorlegen. „Wenn wir den Haushalt nicht hinkriegen würden, hätten wir ein Riesenproblem“, bekannte Oberbürgermeisterin Beate Wilding im Vorfeld der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in einer Pressekonferenz. Aber nach der aktuellen Finanzrechnung wird es wohl nicht zu einem GAU kommen. Der amtierende Stadtkämmerer Burkhard Mast-Weisz jedenfalls gab sich in dem Pressegespräch zuversichtlich: „Wir erreichen das Ziel 2016 mit 400.000 Euro im Plus!“ Merke: Ursprünglich hatte die Stadt mit einem Plus von acht Millionen Euro gerechnet. Jetzt also nur noch 400.000 Euro?! Da darf in den nächsten beiden Jahren also nichts mehr viel dazwischenkommen, sonst könnte die Stadt die Vorgaben des „Stärkungspaktes“ mit dem Land doch noch verfehlen. Mast-Weisz: „Wir schaffen das. Und das ist auch ein wichtiges Signal für die jüngere Generation, die sich Sorgen macht um mögliche Altlasten.“ Die neue Finanzrechnung sei im Übrigen mit der Bezirksregierung abgestimmt, mit einem Veto von dort also nicht zu rechnen. Wie der Stadtdirektor lobte auch die Oberbürgermeisterin die „enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Kommunalaufsicht in Düsseldorf. Offene, ehrliche Gespräche haben über sehr viele Hürden hinweggeholfen!“ Finanziell sei die Stadt aber noch nicht ünber den Berg. Eine finanzielle Besserstellung der Kommunen erhofft sich die Oberbürgermeisterin von den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in Berlin.

Unter Zeitdruck habe das Team von Kämmereileiter Bernd Lindmeyer „klasse gearbeitet“, sagte Beate Wilding. Gleichwohl erreichte die umfangreiche „Fortschreibung des Haushaltssanierungsplanes (HSP) 2012 – 1021“ am vergangenen Donnerstag die Mitglieder des Haupt-und Finanzausschusses quasi erst in letzter Minute - als Tischvorlage. Darüber endgültig entschieden wird in der Ratssitzung am 21. November. (Einige Ratsmitglieder kritisierten, dass die Verwaltung die Presse anderthalb Stunden vor der Sitzung über die Finanzvorlage informiert habe. Der Stadtdirektor wies die Kritik zurück. Zu Recht. Wann, wenn nicht dann, hätte die Pressekonferenz denn stattfinden sollen? Etwa erst nach der Berichterstattung über die Ausschusssitzung? In der wurde die Vorlage im Übrigen gar nicht weiter behandelt, sondern in den Rat geschoben.)

Die neuerliche Fortschreibung des HSP sieht der (geringer fortgesetzten) Förderung des Westdeutschen Tourneetheaters mit 100.000 Euro ab 1015 (bisher ca. 130.000 Euro) den Verzicht auf die Erhebung einer Mobilfunkmastensteuer (Bedenken der Landesregierung), eine Erhöhung des Konsolidierungsbeitrages der Stadtsparkasse (um 780.000 Euro auf dann 1.074.000 Euro ab 2015) und auch einen Konsolidierungsbeitrag der Stadtwerke Remscheid GmbH vor (insgesamt 2,875 Mio. Euro bis2021) vor. Der größte Teil davon wird der Entlastung des Haushalts dienen, 50-000 Euro aber zur direkten Kompensation der städtischen Ausgaben für das Freibad Eschbachtal. Denn ene Übertragung auf die Stadtwerke hatte sich aus steuerlichen Gründen als nichtdurchführbar erwiesen.

Entsprechend dem Vertrag zwischen Solingen und Remscheid bleiben die Bergische Symphoniker bestehen und werden Erträgen aus dem städtischen Zins- und Liquiditätsmanagement finanziert. Die Ausgaben im Sozialbereich bleiben zwangsläufig hoch, sollen aber bis 2021 um 41 Millionen gesenkt werden- „abweichend von der bisherigen Beschlussfassung aus den Erträgen und Aufwendungen des Haushalts auf der Basis eines in der Vorlage auf zwei Seiten dargestellten „Modells der Risikoabdeckung“, für dessen nähere Erläuterung aber in der Pressekonferenz die Zeit fehlte, sodass der Eindruck von vielerlei Fragezeichen blieb.

Am 31.12.2012 summierten sich Kassenkredite der Stadt Remscheid au 569 Millionen Euro. Ohne Haushaltsanierungsplan wäre es in diesem Jahr zu einer bilanziellen Überschuldung gekommen und die Bezirksregierung in Düsseldorf hätte einen Sparkommissar entsandt. Burkhard Mast-Weisz: „Der ‚Stärkungspakt‘ ist ein Glückfall für die finanzschwachen Kommunen im Land.“

Nach der aktualisierten Finanzrechnung kann bereits 2015 ein sukzessiver Abbau der Liquiditätskredite erwartet werden. Demnach wird sich der Schuldenberg bis 2021 auf 430 Millionen Euro abbauen lassen. Doch diese Finanzrechnung ist von vielen Unwägbarkeiten belastet und daher unsicher, also nicht mehr als eine optimistische Option auf die Zukunft.

Dass Haushaltsanierungsplan der Stadt immer mal wieder nachjustiert werden müsse, sei nicht ungewöhnlich, sagte Kämmereileiter Bernd Lindmeyer. Schließlich ergäben sich bei wichtigen Eckdaten immer wieder Veränderungen, zum Beispiel bei den Schlüsselzuweisungen des Landes. Da sei es ein Glück, dass der Kreditzins auf ein historisches Tief gefallen sei mit entsprechenden positiven Auswirkungen auf die städtischen Kassenkredite.

Doch zuerst das Positive: Bei der Gewerbesteuer rechtete die Stadt ür dieses Jahr zunächst mit 70,9 Millionen €; nunmehr erwartet sie dank kräftiger Zahlungseingänge der heimischen Wirtschaft (derzeit 73,5 Mio. €) übers gesamte Jahr hinweg 76 Millionen €. Und mit weiteren Verbesserungen sei noch zu rechnen, heißt es. Der Nachteil: Je höher der eigene Steuerertrag, desto niedriger die Schlüsselzuweisungen des Landes im folgenden Jahr. Für 2013 hatte die Stadt bisher 36 Millionen € erwartet; nunmehr nur noch 28,8 Millionen €. Und 2014 gehen die Schlüsselzuweisungen aller Voraussicht nach weiter zurück – von 43 auf 19,2 Millionen €. Das gilt natürlich auch umgekehrt. Hohe Steuerverluste generieren höhere Schlüsselzuweisungen. Zur Erinnerung: Remscheid erhielt 2012 noch Schlüsselzuweisungen von 44,4 Mio. €, 15,6 Mio. € mehr gegenüber den vorliegenden GFG - Entwurfsdaten 2014.

Erst 2015 erwartet die Stadt wieder höhere Schlüsselzuweisungen. Ohne diese Prognose sie auch den Stärkungspakt mit dem Land in der nun vorliegenden Neuberechnung des Haushaltsanierungsplans nicht einhalten können. Zugleich räumt die Verwaltung darin jedoch ein: „Leider muss darauf hingewiesen werden, dass das Gesamtberechnungssystem für die einzelnen Städte kaum noch kalkulierbar ist. Die Entwicklung der eigenen Steuerkraft ist planbar, demzufolge auch die zu erwartende Höhe der Schlüsselzuweisungen, allerdings nur, solange die Steuerkraftentwicklung in den übrigen Städten relativ konstant bleibt. Dies ist leider nicht mehr der Fall. Bedingt durch die Körperschaftssteuer- und Gewerbesteuergesetzgebung der letzten Jahre wurden insbesondere den Kapitalgesellschaften die Möglichkeiten eröffnet, Gewinne bzw. Verluste temporär zu verschieben um damit massive Verwerfungen des Gewerbesteueraufkommens p. a. auszulösen. Dies wirkt sich dann unkalkulierbar auf die Verteilungsmechanismen … der Städte untereinander aus.“

Stadtdirektor Burkhard Mast-Weisz.Die vorgelegte Neuplanung sei gleichwohl belastbar, betonte Burkhard Mast-Weisz. Besonders wichtig ist ihm der Hinweis darauf, dass die Gesamtfinanzierung des auf den Mitteln der Schul- und Bildungspauschale (4,2 Mio. € jährlich) basierenden Investitionsprogramms und somit auch der vom Rat der Stadt gesondert beschlossene Bildungsinvestitionsplan nicht gefährdet seien. Darin wird für 2015 einiges umgeplant:

Seit 2008 kann die Schulpauschale auch eingesetzt werden für kommunale Investitionen im Bereich der frühkindlichen Bildung, u. a. zur Kofinanzierung von Kita- Und OGGS-Umbauten. Von dieser Möglichkeit machte die Stadt in den vergangenen Jahren auch regen Gebrauch. 2014 werden in diesem Bereich aber nur noch Restarbeiten anfallen. Deshalb soll ab 2015 ein Anteil der Schul- und Bildungspauschale zur Mitfinanzierung der baulichen und technischen Unterhaltung von Schulen und Kitas eingesetzt werden. Das Gebäudemanagement plant den jährlichen Aufwand hierfür mit ca. zwei Millionen € ein.

Und damit zu der umstrittenen Funkmastensteuer und zum Soli-Fonds. Mit Urteil vom 8. Mai 2012 hatte der Verfassungsgerichtshof NRW das Gesetzes zur Abrechnung der Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände an den finanziellen Belastungen des Landes Nordrhein-Westfalen in Folge der Deutschen Einheit (Einheitslastenabrechnungsgesetz – ELAG NRW – vom 9. Februar 2010) für nichtig erklärt und unvereinbar mit dem kommunalen Recht auf Selbstverwaltung. Das daraufhin erlassene ELAG-Änderungsgesetz bescherte der Stadt Remscheid in diesem Jahr Rückerstattungen von 5,1 Millionen €. In 2014 wird mit weiteren 1.218.000 Euro gerechnet, in den folgenden Jahren mit noch einmal einer Million. Dieses Geld will die Stadt nun dafür verwenden, einen Verzicht auf die neue Mobilfunkmastensteuer im Haushalt zu kompensieren. Diese Absicht habe man gegenüber der Kommunalaufsicht in Düsseldorf am 19. September bekundet, ohne dass dagegen Einwände erhoben worden wären.

Nach dem Stärkungspaktgesetz NRW müssen die Kommunen ihre Haushalssanierungspläne jährlich fortschreiben. Das heißt fürndie zweite Jahreshälfte2014: „Mit dem Beschluss über den Doppelhaushalt 2015/2016 erfolgt dann gleichzeitig die 3. Fortschreibung des HSP. Beiden Planungsinstrumente sind der Bezirksregierung spätestens am 1. Dezember 2014 zur Genehmigung vorzulegen.“ Und die Arbeit an diesen Zahlenwerken dürften dem Verwaltungsvorstand und den Mitarbeiter/innen der Kämmerei dann eher noch schwerer fallen als in diesem Jahr. Denn, Zitat aus der aktuellen HSP-Vorlage, „es gibt weitere Planungsrisiken, die dann zu konkretisieren bzw. zu berücksichtigen sind: Mehraufwendungen für Transferleistungen bzw. Mietkosten für ausländische Flüchtlinge, Mehraufwendungen für eine notwendige Anpassung des Versicherungsschutzes und Ertragsminderungen bei den RWE- Aktien (9im Besitz der Stadt).“ Die neuen Zahlen sollen der Politik „noch vor den Sommerferien 2014“ vorliegen. Und damit auf jeden Fall erst nach der Kommunalwahl…


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