Nein, ein rotes Minus steht nicht unter der 4. Fortschreibung des Haushaltssanierungsplanes 2012-2021. Aber das kleine schwarze Plus am Ende der einen Zentimeter dicken Verwaltungsvorlage zur Sitzung des Haupt-, Finanz- und Beteiligungsausschusses am 19. November, die Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und die übrigen Mitglieder des Verwaltungsvorstandes am Freitagnachmittag im Neuen Lindenhof der lokalen Presse präsentierte, ist auch kein Anzeichen für ein gesundes Finanzpolster. Um die städtischen Finanzen ist es weiterhin wenig rosig bestellt. Einen kleinen Lichtstreif am Horizont sieht Stadtkämmerer Sven Wiertz (Foto rechts) gleichwohl: Durch den Stärkungspakt 2012 und den hiermit verbundenen Haushaltssanierungsplan einerseits sowie durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank andererseits gehen die jährlichen Zuwächse bei den Kassenkrediten seit 2011 erheblich zurück. Für Ende 2015 wird mit einem Kassenkreditvolumen von 623 Mio. Euro gerechnet. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Zuwachs von fünf Millionen Euro. Ab dem Haushaltsjahr 2016 wird von einer rückläufigen Entwicklung aufgrund des ausgeglichenen Finanzhaushaltes ausgegangen, heißt es in seiner Vorlage.
Darin wird der Politik empfohlen, zwei der vom Rat beschlossenen Sparmaßnahmen nicht weiter zu verfolgen: die Neuverhandlung des Vertrages mit der Verbraucherzentrale (Maßnahme 12) und die Reduzierung der Transferaufwendungen (Maßnahme 23). Das eine, weil das Beratungsangebot der Verbraucherzentrale Remscheid immer stärker nachgefragt werde (eine Kompensation ist zum Glück möglich dank deutlich höherer Erträge aus dem Cross-Border-Lease-Geschäft der AWG). Und das andere war ohnehin von vornherein unrealistisch. Zitat: Die regelmäßigen Berichte zum Umsetzungscontrolling der Maßnahme 23 haben verdeutlicht, dass die bei Beschlussfassung des Haushaltssanierungsplans am 28. Juni 2012 prognostizierten positiven Entwicklungen dauerhaft nicht eingetreten sind und nicht zur erhofften haushaltsmäßigen Entlastung führen konnten. Kaum beeinflussbare externe Faktoren, bspw. der Anstieg der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften und des damit verbundenen sozialhilferechtlichen Bedarfs, verhindern das Erreichen des Konsolidierungszieles. (siehe Waterbölles vom 8. September: Höhere Sozialausgaben erfordern Nachtragshaushalt).
Unerfüllt blieben bislang auch die finanziellen Hoffnungen der Stadt auf größere Einnahmen durch die Vermarktung von Werbung an Laternenmasten. Es wird wohl auch 2016 bei der jährlichen Garantiepacht von 21.000 Euro bleiben. Auch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer hinkten in diesem Jahrhinter den Erwartungen zurück. Und die wachsende Zahl der Flüchtlinge erforderte in diesem Jahr mehrfach außerplanmäßige Ausgaben. Für 2016 rechnet Stadtkämmerer Wiertz, ausgehend von 1.400 Flüchtlingen, zwar mit 10.000 Euro je Flüchtling Finanzhilfen des Bundes und des Landes -, das aber werde nicht reichen. Wiertz schätzt das städtische Defizit in diesem Bereich auf zehn Prozent gleich 1,4 Millionen Euro.
Das alles riss eine große Lücke in das fragile Gerüst, das sich Haushaltssanierungsplan nennt. Diese Lücke galt es zu stopfen. Dabei halfen die Technischen Betriebe Remscheid (TBR). Deren Konsolidierungsbeitrag für 2016 erhöht sich um 1,5 Millionen Euro auf insgesamt acht Millionen. Eine Finanzspritze, die sich so 2017 nicht wiederholen ließe, wie TBR-Chef Michael Zirngiebl (Foto links) betonte. Positiv wird sich auch der rückläufige Energieverbrauch der Stadt Remscheid aus. Dafür sorgen energetische Sanierungsmaßnahmen, die mit Fördergeldern aus dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz hatten finanziert werden können. Die Einrichtung einer neuen Stelle für eine(n) Betriebsprüfer(in) kann sich in der Stadtkasse aus bereits genannten Gründen erst 2017 auswirken. In die Zukunft gerichtet ist auch die Absicht, wirtschaftlicher zu investieren (Bau neuer rentabler Verwaltungsgebäude bei gleichzeitiger Aufgabe von Mietobjekten).
Für eine schwarze Zahl in der Bilanz reichten die genannten Maßnahmen aber noch nicht. Also wurde nach neuen Einnahmequellen gesucht. Gefunden wurden sie im Straßenverkehr, in den Kitas und den Offenen Ganztagsschulen. Konkret: Fünf neue Geschwindigkeitsmessanlagen sollen (Buß-)Gelder in die Stadtkasse fließen lassen. Und die Elternbeiträge für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege sollen ebenso angehoben werden wie die für den Besuch des eigenen Kindes in einer Offenen Ganztagsschule.
Die fünf neuen Anlagen zur stationären Geschwindigkeitsüberwachung sollen ab 2016 an Streckenabschnitten installiert bzw. reaktiviert, auf denen eine erhöhte Unfallgefahr angenommen werden muss, wie es in der Beschlussvorlage heißt. Echte Unfallschwerpunkte gibt es nach Angaben der Polizei in diesen Bereichen nicht, wohl aber schützenswerte Personen (Kitas) und Anwohner (Lärmschutz).
Die Ordnungsbehörde hat folgende Standorte für Blitzer vorgesehen:
Burger Straße / Nähe GGS Mannesmann,
Borner Straße / Einmündung Stöcken,
Lenneper Straße / Bereich Engelbertstraße,
Reinshagener Straße / Nähe KTE Clarenbach-Kirchengemeinde,
Bahnhofstunnel B 229.
- Höhere Elternbeiträge: Ca. 3.500 Kinder werden in Remscheid in Kindertageseinrichtungen sowie Kindertagespflege betreut. Infolge der bereits bestehenden Befreiungstatbestände (zu geringes Einkommen, Kind befindet sich im letzten Kindergartenjahr, Geschwisterkind) wird von ca. zwei Drittel der Eltern kein Beitrag erhoben. Dessen Höhe ist übrigens seit dem 1. August 2008 unverändert geblieben. Zu Beginn des Kindergartenjahres 2016/2017 ist eine jährliche Steigerung von 1,5 Prozent vorgesehen in Anlehnung an die Kostenentwicklung nach § 19 Kinderbildungsgesetz (Kibiz) und den allgemeinen Lebenshaltungskostenindex NRW. Das dritte Jahr der Nutzung einer KTE und das Geschwisterkind werden weiterhin beitragsfrei bleiben; zudem können die Beiträge im Rahmen einer von den Eltern abzugebenden Steuererklärung als Sonderausgaben seit 2012 steuermindernd geltend gemacht werden.
Ca. 2.300 Kinder im Primarbereich besuchen die Offenen Ganztagsschulen. Die monatlichen Elternbeiträge liegen derzeit zwischen 0 und 150 . Mit Änderung des OGS-Erlasses zum 15.1.2015 kann nun ein Elternbeitrag von 170 pro Monat erhoben werden. Die bisherige Beitragssystematik mit nach Jahreseinkommen gestaffelten Beitragsstufen wird fortgesetzt. Vorgesehen ist zu Beginn des Schuljahres 2016/2017 mit Wirkung ab 1. August 2016 eine Anhebung des Elternbeitrages in Höhe der Preisindexentwicklung der Jahre 2008 bis 2015. Auch in diesem Fall bleiben Geschwisterkinder weiterhin beitragsfrei.