Seit Beginn der größeren Fluchtbewegungen von Menschen im vergangenen Jahr wurde sehr viel darüber berichtet, dass die meisten Geflüchteten jüngere allein reisende Männer sind. Doch es kamen auch viele Frauen, die ganz andere Anforderungen an die Integrationsarbeit stellen als Männer. So beginnt eine Vorlage der Verwaltung, die am 25. August auf der Tagesordnung des Haupt-, Finanz- und Beteiligungsausschusses steht. Darin wird die Situation dieser Frauen näher beleuchtet. Befragt hat die Verwaltung dazu die Ausländerbehörde, das Kommunale Integrationszentrum, die BAF, der Integration Point, die Polizei, die Frauenberatungsstelle sowie den ev. Kirchenkreis.
Laut Ausländerbehörde (befanden sich am 14. Juli in Remscheid 295 geflüchtete Frauen, darunter 40 alleinreisende, 60 Frauen mit Kindern und 195 Frauen mit Ehemann und ggf. Kindern. Davon haben, wie es in der Vorlage heißt, nach derzeitiger Schätzung ... 74 Frauen eine Bleibeperspektive, gemessen an den Herkunftsstaaten. Der Großteil der allein reisenden Frauen ist in angemieteten Privatwohnungen untergebracht. Ein reines Frauenwohnheim oder eine Mutter-Kind-Unterkunft existiert noch nicht; hierfür ist aber die ehemalige Residenz an der Alleestraße vorgesehen (siehe Waterbölles-Video vom 18. August). In den Flüchtlingsheimen erhalten alleinstehenden die mit Kind(ern) eine abgeschlossene Wohneinheit mit eigener Küchenzeile und eigenem Duschbad. Allein reisende Frauen werden in Wohngemeinschaften untergebracht.
Die Problemlagen, die sich für die Frauen in den Unterkünften ergeben, sind häufig auf die gemischte Unterbringung mit Familien zurückzuführen, zitiert die Verwaltung in ihrem Bericht den Verein BAF e.V. ((Begegnen, Annehmen, Fördern), der die Remscheid zugewiesenen Flüchtlinge im Auftrag der Stadt betreut. Die Probleme im Einzelnen: Anfeindungen von Familienmüttern aus Eifersucht, Nachstellungen durch die Männer, anzügliche Bemerkungen oder Blicke, Kontaktversuche über die Kinder, Einmischung in die Erziehungsarbeit durch andere Familien, ungefragte Übernahme der Vaterrolle durch fremde Familienväter.
Bei den Frauen, die alleine in einer Wohnung untergebracht sind, stellen die Sozialarbeiterinnen des BAF häufig eine zunehmende Vereinsamung fest: Soziale Kontakte außerhalb der Community bestehen meist nicht. Angebote zur Freizeitgestaltung erreichen sie kaum oder werden aus vielfältigen Gründen nicht angenommen (Unkenntnis über Ehrenamtsstruktur, fehlende Anbindung ÖPNV). Auch gebe es zu wenig Angebote für Frauen zum Einstieg in den Arbeitsmarkt. Aber: Für Frauen mit Kindern sei eine Arbeitsaufnahme, abhängig vom Alter der Kinder, auch nur schwer möglich. Es fehle auch an Betreuungsangeboten für die Kinder, wenn die Mütter Termine wahrnehmen müssten (Arztbesuche, Ämtergänge etc.). Gerade für Mütter mit Säuglingen und Kleinkindern bedeutet das, dass sie ihre Kinder in jeder Situation selbst beaufsichtigen müssen! Und KiTa-Plätze in ausreichender Anzahl gebe es nicht. Die BAF: Sind die Mütter so krank, dass sie sich nicht um ihre Kinder kümmern können oder sogar ins Krankenhaus müssen, entsteht jedes Mal eine Notsituation in Bezug auf die adäquate Unterbringung und Versorgung der Kinder. Hier benötigen wir die Hilfe des Jugendamtes, um die Kinder ggf. in Obhut nehmen zu lassen. Die Frauen, die in den Wohnheimen untergebracht sind, habe Migrationsfachdienst gut im Blick. Anders sehe es bei den Frauen aus, die in Wohnungen untergebracht sind und die aus Scham, Angst oder aufgrund psychischer Probleme nicht in der Lage sind, Kontakt zu uns aufzunehmen; die erreichen wir nur schwer!
Von traumatisierten Frauen berichtet auch die Frauenberatungsstelle: Viele Frauen mussten Vergewaltigung, Misshandlung, Zwangsprostitution, ungewollte Schwangerschaft erleben. Frauen, die allein auf der Flucht waren, wurden zumeist vergewaltigt. Hier in Deutschland werde Frauen aus muslimischen Ländern häufig durch den Ehemann oder durch andere Männer aus der Familie verboten, an einem Deutschkurs teilzunehmen.
Supervision für Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe findet bei der BAF e.V. regelmäßig statt. Diese ist offen für Menschen aus allen Remscheider Organisationen. Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat ein Programm zur Förderung von Beratung und Unterstützung für durch Gewalt traumatisierte Flüchtlingsfrauen aufgelegt. Zuschüsse hieraus ermöglichten es der Frauenbeauftragten des Evangelischen Kirchenkreises Lennep, am 17. August zwei Frauengruppen einzurichten zur Stabilisierung der Persönlichkeit betroffener Frauen und deren Austausch untereinander; begleitend wird Kinderbetreuung angeboten. Die Termine: Montags, 18 bis 19.30 Uhr, in der Begegnungsstätte Freiheitstraße 191e, und mittwochs, 17.30 bis 19 Uhr, bei den Schlawinern in Lüttringhausen.