Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern. Es ist ihre Pflicht und zugleich ihr Recht, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen und sie zu vertreten. So nachzulesen in Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG). Sollten Eltern dazu nicht in der Lage sein, muss der Staat sein Wächteramt ausüben und mittels gerichtlicher Vormundschaften (§ 1773 BGB) dafür sorgen, dass schutzbedürftige Minderjährige die notwendige Pflege und Erziehung erhalten. Als Vormund wird eine natürliche Person, ein Verein oder das Jugendamt bestellt (§ 1773 ff. BGB, § 55 Abs. 1 SGB VIII). Geeignete Personen oder Vereine werden dem Vormundschaftsgericht gem. § 53 Abs. 1 SGB VIII vom Jugendamt vorgeschlagen. Wird das Jugendamt zum Vormund eines Kindes oder Jugendlichen bestellt, handelt es sich um eine Amtsvormundschaft.
Wie viele Vormundschaften für Kinder und Jugendliche gibt es zur Zeit in Remscheid?, wollte im vergangenen Jahr im Jugendhilfeausschuss (JHA) Karl-Richard Ponsar wissen, der Vorsitzende des Kinderschutzbundes in Remscheid. Die überraschende Antwort lieferte die Stadtverwaltung zur Sitzung des JHA am 11. Januar: Die genaue Anzahl der in Remscheid eingerichteten Vormundschaften ist an keiner Stelle im Gesamten statistisch erfasst. Beim Familiengericht werden lediglich die anhängigen Verfahren pro Jahr erhoben. Diese geben allerdings keinen Aufschluss über den Ausgang der Verfahren, also die tatsächliche Einrichtung einer Vormundschaft, wieder. Im Jugendamt werden lediglich die Amtsvormundschaften, also die im Jugendamt geführten Vormundschaften, statistisch erfasst und jährlich an das Landesamt Information und Technik IT-NRW gemeldet. Eine weitere Abfrage findet von dort nicht statt.
Eine konkrete Zahl konnte das Amtsgericht Remscheid beisteuern. Demnach waren in 2016 (bis einschließlich November) in Remscheid 131 familiengerichtliche Verfahren zur Bestellung eines Vormundes gem. § 1773 BGB eingeleitet und/oder abgeschlossen worden. Die Stadtverwaltung selbst hatte eine weitere konkrete Zahl parat: Zum Stichtag 19.12.2016 bestehen 59 Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Ausländer. Davon werden Vormundschaften von Familienangehörigen (Onkel/Tante oder volljährige Geschwister) ausgeübt, acht so genannte Berufsvormünder (§ 1779 BGB) sind vom Familiengericht bestellt worden; sie betreuen jeweils bis zu 13 minderjährige Ausländer. 16 Amtsvormundschaften (begründeten Einzelfälle) werden von Mitarbeiter/innen des Allgemeinen Sozialdienstes der Stadt (ASD) geführt. Ca. 50 ehrenamtliche Vormünder kommen überwiegend aus dem familiären Umfeld der Betroffenen.
Der Vormund ist den Erziehungsgrundsätzen des § 1 Abs. 1 SGB VIII sowie den Regeln des Gesetzes zur religiösen Kindererziehung verpflichtet. Seine Tätigkeit wird vom Familiengericht gem. § 1837 BGB beaufsichtigt, dem der Vormund mindestens einmal jährlich Bericht erstatten muss. Hieraus müssen auch Angaben zu den persönlichen Kontakten des Mündels hervorgehen. Gem. § 1793 Abs. 1a BGB ist der Mündel in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufzusuchen, sofern nicht kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten sind. Generell orientiert sich der Umfang und die Häufigkeit des Kontaktes nach den Erfordernissen des Einzelfalls, so die Verwaltung. Die Vormünder haben in Absprache mit den betreuenden Fachkräften in den jeweiligen Jugendhilfemaßnahmen die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Mündels zu selbständigem und verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen.
Der Gesetzgeber hat verschiedene Formen der Vormundschaften vorgesehen: