Entsetzt über leichtfertigen Umgang mit Statik, titelte der Waterbölles am 15. Dezember 2017, nachdem Dr. Andreas Wallbrecht, der Leiter des Historischen Zentrums, den Mitgliedern der Bezirksvertretung (BV) Alt-Remscheid die Schäden an der hölzernen Fachwerk-Konstruktion aufgezeigt hatte. Sie dokumentierten, dass Haus Cleff, das einstige Remscheider Heimatmuseum, dringend repariert werden müsste. Zur Wiederherstellung einer sicheren Statik stehen insgesamt 1,2 Millionen Euro zur Verfügung (100.000 Euro von der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz, 495.000 Euro an Bundes-Fördermittel der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und 600.000 Euro an städtischen Rücklagen). Bleiben noch weitere 600.000 Euro aus dem Stadtsäckel für alles andere!? Viel zu wenig, um das Patrizier-Haus aus der Rokoko-Zeit wieder zur guten Stube der Stadt machen zu können. Und nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man alle fünf großen "Bausteine" betrachtet, die im Historischen Zentrum (HIZ) in den nächsten Jahren angepackt werden müssten. Stadtdirektor Sven Wiertz nannte sie in der gestrigen Sitzung des Kulturausschusses:
- Das Deutsche Werkzeugmuseum (Auffrischung der Museumsdidaktik bzw. -pädagogik zur Präsentation alter und neuer Ausstellungsobjekte und für neue eigenständige Konzepte, um diese den Besuchern näherzubringen),
- die Sanierung von Haus Cleff,
- der Bau neuer Parkplätze auf dem Grundstuck der jetzigen Schrottimmobilie an der Hastener Straße in Höhe des HIZ
- die Integration des rückwärtigen Cleff-Parks und
- die Integration des benachbarten Haus Berger (museales Konzept, Tool Lab, vergleichbar mit dem Rögy Lab in das Museumsareal.
Für eine Stadt wie Remscheid, die seit nunmehr 25 Jahren Haushaltssicherungskommune und an der Pleite nur knapp vorbeigeschrammt ist dank Landeshilfe, hörten sich die Investitionskosten, die der Stadtkämmerer gestern für diese fünf Bausteine erstmals öffentlich nannte, utopisch an: 12,8 Millionen Euro! Da war im Rathaus in der vergangenen Woche im Verwaltungsvorstand offenbar noch einmal intensiv nachgerechnet worden. Eine Summe, bei der die Augen zu rollen anfangen, kommentierte das der Ausschussvorsitzende Karl Heinz Humpert. Das übersteigt die Möglichkeiten der Stadt bei Weitem! Sven Wiertz: Da liegt noch eine enorme Wegstrecke vor uns! Das Projekt sei mit dem des Deutschen Röntgen-Museums vergleichbar und nur in überschaubaren Abschnitten zu realisieren.
Rückblick: Erst die Statik, dann die Fördertöpfe, danach das Konzept, titelte der Waterbölles im März 2015. Nachdem Sachverständige die Kosten für die Sanierung von Haus Cleff mit drei Millionen Euro beziffert hatten, fehlte damals noch das Ergebnis einer statischen Untersuchung des Fachwerkbaus, dessen Boden im ersten Obergeschoss teilweise um 15 Zentimeter durchhängt. Ohne überzeugendes Museumskonzept keine Fördermittel, hatte es von Seiten der Stadt lange Zeit geheißen. Doch in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 14. März 2015 ruderte Kulturdezernent Dr. Christian Henkelmann in puncto Museumskonzept zurück. Zunächst einmal wolle er beim Landschaftsverband Rheinland herausfinden, welche Förderung man sich dort überhaupt vorstellen könne. Im Übrigen stellte es fest: Haus Cleff sei ein Totalschaden.
Allein die Sanierung des Patrizierhauses aus dem Rokoko werde rund 4,6 Millionen Euro kosten, berichtete Sven Wiertz gestern. Denn durch Eingriffe in die Statik sei diese im Laufe der Jahrzehnte instabil geworden. Das erfordere etwa den Einbau von Stahlträgern, um das Obergeschoss überhaupt nutzen zu können. Das sei mit den vorliegenden Fördergeldern nicht zu machen. Weitere finanzielle Unterstützungen durch Land, Bund, europäische Union seien aber erst realistisch, wenn es mit Unterstützung der Landeskonservatorin gelinge, Haus Cleff zu einem Denkmal von nationaler Bedeutung zu deklarieren, quasi zu einem großbürgerlichen Pendant zu Schloss Benrath. Ein Gespräch mit der Landeskonservatorin / dem Landschaftsverband Rheinland wird Stadtdirektor Wiertz Mitte bis Ende Juni führen. (Hatte da nicht schon Henkelmann vorfühlen wollen?)
Mit einem schnellen finanziellen Erfolg ist nicht zu rechnen. Derweil nagt an Haus Cleff der Zahn der Zeit weiter nach der inneren Entkernung vor allem an Fassade und Dach. Dort ist jetzt Bestandsschutz auch ohne die Zusage weiterer öffentlicher Zuschüsse angesagt, damit die Hülle des künftigen Museumsgutes nicht weiter verfällt. Ob die Stadt Remscheid dafür in den nächsten Doppelhaushalt 2019/2010 einen Betrag einstellen kann, muss sich aber erst noch zeigen. Das wird derzeit geprüft, sagte Wiertz.
Wie die städtische Architektin Anja Klein dem Kulturausschuss berichtete, müssen an der Fassade die Schieferplatten abgenommen werden, um das dahinter liegende Fachwerk begutachten und bei Bedarf reparieren zu können (einige Außenwände scheinen inzwischen nicht mehr standfest zu sein). Restauriert werden müsse das äußere Holzwerk (Fenster, Türen). So seien acht Fenster im Laufe der Jahre von außen verkleidet und von innen abgebaut worden, müssten folglich komplett neu erstellt werden. Der zweite Bauabschnitt neue Ziegel für das Dach geplant. Der dritte die Sanierung der Treppen, Eingänge und Kanalisation.
Dass die Sanierung von Haus Cleff auch der Unterstützung eines externen Architekten bedarf, war von vornherein unstrittig. Doch am 20. März erfuhren die Mitglieder des Fördervereins Haus Cleff auf ihrer Jahreshauptversammlung in der Denkerschmette von Museumsleiter Dr. Andreas Wallbrecht (Foto), dass seit Dezember das Remscheider Architektenbüro Sophie und Christof Welke die Renovierung von Haus Cleff wegen Arbeitsüberlastung nicht weiter begleiten könne. Es heißt, ein Facharchitekt aus Düsseldorf könne in die Bresche springen. Was Sven Wiertz gestern zum künftigen musealen Inhalt von Haus Cleff sagte, deutete darauf hin, dass sich nicht nur der Architekt ändert, sondern womöglich auch das museale Konzept, das Wallbrecht in der Denkerschmette vorgestellt hatte. Dabei hatte sich ein Mitglied des Förderkreises zur Idee eines Cafés und eines Festzimmers (z. B. für Trauungen) im Obergeschoss von Haus Cleff kritisch geäußert. Denn dadurch werde die echte Ausstellungsfläche von Haus Cleff dezimiert. Dazu gestern der Stadtdirektor indirekt: Wir prüfen, die Werke des Remscheider Grafikers Gerd Arntz (eingelagert) und die rund 50 Gemälde von Johann Peter Hasenclever, die auf einen Wert von 340.000 Euro geschätzt werden, in das Ausstellungskonzept aufzunehmen! Das aber würde eine neue Zuordnung der Museumsräume bedeuten.
Kommt denn nun ein Café ins Obergeschoss oder nicht?, wollte es Fritz Beinersdorf (Linke) genauer wissen. Die Landekonservatorin habe in der Raumfrage, gepaart mit Dankmalschutz und Barrierefreiheit, ein Wort mitzureden, blieb Wiertz unbestimmt. Und das Deutsche Werkzeugmuseum? Auch hier hakte Beinersdorf nach, sprach von in den vergangenen zehn Jahren verlorengegangener Attraktivität. Da reißt die Besucher nichts mehr vom Stuhl! Zustimmung von Beatrice Schlieper: Die Didaktik hat durchaus Luft nach oben! Widerspruch von Sven Wiertz: Das Werkzeugmuseum ist immer noch zeitgemäß. Aber es muss weiterentwickelt werden. Auch das wird nicht ohne Fördermittel gehen!
Aber mit der vorhandenen engagierten Mannschaft!, betonte Karl Heinz Humpert. Der sei es schließlich in jüngster Zeit gelungen, das Museum mit Angeboten, die es früher nicht gegeben hat, ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Von Architektin Anja Klein wollte Humpert wissen, wann sie mit dem Abschluss der Sanierungsarbeiten in Haus Cleff rechne. Die Antwort war zweigeteilt: Bis Ende 2020! Vorausgesetzt, die Fördergelder fließen!
Die Hoffnung stirbt zuletzt! Das gilt auch für die wünschenswerte, aber ungewisse Sanierung des historischen Rokokohauses Haus Cleff, schrieb ich schon einmal, am 14. März 2015. Was in der Zwischenzeit passierte, könnte demnächst irrelevant werden. Das Spiel beginnt neu, und es hat noch viel Unbekanntes. (Das Video unten datiert auf den 30. März 2017)