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Remscheids neuer Wirtschaftsförderer zählt sich zu den Pragmatikern

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Nicht nur Oberbürgermeister Burkhart Mast-Weisz kam voller Zuversicht von der Immobilienmesse Expo Real zurück, dass Remscheid in absehbarer Zeit ein neues Multiplex-Kino bekommen wird, sondern auch die städtische Chefplanerin Sigrid Burkhart und Ingo Lückgen, der neue Leiter der Burkhart unterstellten Abteilung Wirtschaftsförderung und Liegenschaften. Für Lückgen, der sein Amt am 1. Oktober angetreten hatte, war der Messauftritt der drei bergischen Großstädte in München eine Art Crashkurs – stressig, aber auch sehr informativ und hilfreich für die künftige Arbeit. Denn in diesen drei Tagen lernte er einen großen Teil der Wirtschaftsförderer aus Wuppertal und Solingen und andere Amtsleiter kennen, die Oberbürgermeister der Nachbarstädte, örtliche Bänker und Unternehmer, kurz: eine Vielzahl von Leuten, mit denen er künftig zu tun haben wird. Und die Repräsentanten der beiden Filmbetreiber, die sich von der Großstadt Remscheid gute Geschäfte versprechen! Als Sigrid Burkhart gestern in einer Pressekonferenz Ingo Lückgen vorstellte, waren sich beide einig: „Von drei Kinobetreibern, mit denen wir gesprochen haben, sind zwei ernsthaft interessiert. Sie haben ihre Marktanalysen zu Remscheid gemacht und wollen nun Investoren vom Standort Remscheid überzeugen!“ Ob ihnen das gelingt, wird sich spätestens bis Dezember zeigen. Die Stadt hat beiden Unternehmen inzwischen Planunterlagen vom Umfeld des Remscheider Hauptbahnhofs zukommen lassen, an dem wegen der günstigen Verkehrsanbindungen das größte Interesse besteht. Bei leerstehenden Immobilien in der Innenstadt hatten die Betreiber abgewinkt; da sei der Umbau zu einem Kino zu teuer.

Die Kalkulation von Kinobetreibern geht derzeit von einem Kinosaal für 25.000 Einwohner aus. Das ergäbe dann für Remscheid mit ca. 109.000 Einwohnern ein Multiplexkino mit mindestens vier Sälen. Eine verlockende Vorstellung für Remscheider Filmfreunde nach einer langen „Durststrecke“. Aber noch kein Grund zur Euphorie. Sigrid Burkhart: „Es ist nicht so, dass schon im Mai mit dem Bau eines neuen Kinos begonnen werden könnte!“

Ein neues Kino für Remscheid, das wäre auch ein Erfolg für den neuen Wirtschaftsförderer. Denn egal, ob "Kümmerer" (etwa bei langen Wartezeiten bei Bauanträgen), “Türöffner“, „Behördenlotse“ (in enger Zusammenarbeit v.a. mit Bauaufsicht & Stadtplanung) oder wie auch immer man ihn nennen mag, für Ingo Lückgen wird es eine wichtige Aufgabe sein, sich um zusätzliche Arbeitsplätze in der Stadt zu kümmern. Und um Fachkräftenachwuchs, der diese Arbeitsplätze einnehmen will. Sigrid Burkhart beschrieb das gestern so: „Junge Leute brauchen vernünftige Wohnungen in einem Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen können!“ Und dazu trägt ein attraktives Freizeitangebot bei.

Bei der Sicherung des Fachkräftenachwuchses arbeiten die Wirtschaftsförderer der drei bergischen Großstädte mit der Agentur für Arbeit / dem Jobcenter und lokalen Bildungsträgern zusammen wie z.B. dem Berufsbildungszentrums der Remscheider Metall- und Elektroindustrie (BZI), der Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe e.V. (FGW) dem Projekt BeST, dem Berufskolleg Technik und der Bergischen Entwicklungsagentur (BEA), z.B. aktuell im Rahmen des sich in Aufstellung befindlichen gemeinsamen Strukturprogramms der Bergischen Städte zur Erlangung von Fördergeldern für die Region.

Eine erfolgreiche Wirtschaftsförderung sichert einer Kommune Gewerbesteuereinnahmen – durch Neuansiedlungen von Betrieben, aber auch durch „Bestandspflege“. Ingo Lückgen weiß das nach den neun Jahren, in denen er in Velbert Wirtschaftsförderung betrieb, einer Stadt, die wie Remscheid zahlreiche mittelständische Betriebe der metallverarbeitenden Industrie aufzuweisen hat. Nach einem Studium an der TH Aachen (Wirtschaftsgeographie, Volkswirtschaftslehre, Geographie) mit Magister-Abschluss und drei Praktika in den folgenden knapp zwei Jahre war Ingo Lückgen von Februar 2003 bis Januar 2005 Wissenschaftlicher Angestellter am Wirtschafts- und Sozialgeographisches Institut der Universität Köln, bevor er im Juli 2005 zur Stadt Velbert wechselte. Im Juli 2011 wurde er dort stellvertretender Amtsleiter. Lückgen ist 38 Jahre alt, verheiratet, at zwei Söhne und wohnt in Leverkusen (wo er auch wohnen bleiben möchte).

Die ersten Besuche Remscheider Firmen, u. a. bei Dirostahl, hat der neue Abteilungsleiter für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften schon hinter sich. Für Remscheider Unternehmer, die expandieren möchten oder jedwede anderen Wünsche oder Probleme haben, werde er steht ein offenes Ohr haben, versicherte er in der gestrigen Pressekonferenz. Es sei für ihn wichtig, frühzeitig und präventiv die Wünsche und Notwendigkeiten der heimischen Unternehmer zu erfahren, z.B. in puncto Standortsicherung/-Verlagerung. Es komme auf Rahmenbedingungen für die Unternehmen an, die es ihnen ermöglichten, zu wachsen und innovativ zu sein.

An neuen Industriegebieten hat der Wirtschaftsförderer zwar nicht allzu viel im Angebot (Restflächen in Ueberfeld, das Gleisdreieck in Bergisch Born, demnächst wohl auch die so genannten Erdbeerfelder an der Borner Straße), dafür aber eine Reihe von ehemaligen Industrieflächen bzw. –brachen. Zugegebenermaßen keine leichte Aufgabe, auch dort nachhaltige Flächenentwicklung zu betreiben und Gewerbe / Wohnen in Einklang zu bringen.

Apropos Wohnen. Die städtischen Liegenschaften sind für Ingo Lückgen ein neues Aufgabengebiet. „Darin muss die Stadt künftig besser aufgestellt sein als bisher“, sagte Sigrid Burkhart. Denn die Stadt besitze zahlreiche Wohnhäuser, beispielsweise in der Lenneper Altstadt, teilweise sanierungsbedürftig, die man gerne „wieder in Wert setzen“, sprich: vermarkten, verkaufen wolle. Das gehe zum Teil nur über „innovativer Vermarktungskonzepte“.

Wo er sich denn selbst „unternehmenspolitisch“ sähe, wollte gestern ein Zeitungskollege wissen. Lückgens Antwort: „Unter den Pragmatikern!“ Und auf Nachfrage: „Niemand wird sich auf die Stelle eines Wirtschaftsförderers bewerben, der Unternehmen grundsätzlich kritisch gegenübersteht! Das ginge gar nicht!“


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