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Familiengerechtes Konzept der Flüchtlingshilfe hat sich bewährt

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„Wichtig ist die Willkommenskultur vor Ort!“, zitierte der Waterbölles am 11. Dezember 2014 den SPD-Landtagsabgeordneten Sven Wolf. „Es tut gut zu sehen, mit wie viel Hilfsbereitschaft Flüchtlingen in unserer Stadt begegnet wird!“, stellt er damals fest. Apropos Willkommenskultur. Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz trifft sich, wenn es sein Terminkalender erlaubt, einmal in der Woche auf einem Sportplatz mit anderen Hobby-Fußballern. „Wir haben uns verabredet; wenn in der Nähe demnächst ein neues Flüchtlingsheim entsteht, werden wir die Fußballer unter den Flüchtlingen zum Kicken einladen!“

145 Millionen Euro stellen das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund in diesem Jahr für die bei uns ankommenden Flüchtlinge zur Verfügung. 108 Millionen Euro davon gehen direkt an die Kommunen. Damit erhalten die Städte und Gemeinden zielgerichtet zusätzlich 54 Millionen Euro für die Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen. Nach Remscheid fließen in diesem Jahr durch die Erhöhung der Flüchtlingspauschale des Landes voraussichtlich 233.800 Euro. Hinzu kommen zusätzlichen Bundesmittel. Macht zusammen rund 550.000 Euro. Gleichwohl wird die Stadt auch in diesem Jahr mit 80 Prozent die Hauptlast der Flüchtlingshilfe zahlen müssen. Im vergangenen Jahr summierte sich das auf rund drei Millionen Euro.

„Da könnte aus Berlin ruhig noch mehr Geld nach Remscheid fließen“, scherzte gestern der CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt im städtischen Flüchtlingsheim an der Wülfingstraße in Lennep, wo er sich über das Integrationskonzept der Stadt informieren wollte. Dazu hatte er auch die beiden Remscheider Landtagsabgeordneten Jutta Velte (Grüne) und Sven Wolf (SPD) eingeladen. Ihre Gesprächspartner auf Seiten der Stadt waren Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und Martin Sternkopf, der Leiter des Zentraldienstes „Integration und Migration“. Der OB auf den Scherz von Hardt: „Gerne jede Währung und in jeder Stückelung!“ Die höheren Zuschüsse von Bund und Land seien ein „wichtiges Signal“. Besonders die drei Sozialarbeiter (2,8 Planstellen), die bei der BAF für die Betreuung aller Flüchtlinge zuständig sind, gehen längst „auf dem Zahnfleisch“. Entlastung verspricht sich Daniela Krein, Geschäftsführerin des  Vereins BAF (Begegnen, Annehmen, Fördern), der sich im Auftrag der Stadt um die Flüchtlinge kümmert („Nicht nur verwaltet, sondern auch sozial betreut“, so Krein), von den Mitarbeitern, die bislang den „Tagestreff“ für Obdachlose an der Schüttendelle betreuten. Diese städtische Einrichtung wird künftig vom Caritasverband Remscheid mit versorgt.

Von den derzeit 560 Flüchtlingen in Remscheid wohnen 60 im Heim an der Wülfingstraße. Darunter auch ein Tierarzt, eine Bibliothekarin und ein Internet-Experte aus Syrien sowie eine Familie aus Albanien mit zwei kleinen Töchtern. Mit gebrauchten Möbeln haben sich die Eltern die große Wohnküche etwas gemütlicher gemacht, wie sie der Besuchergruppe gestern gerne zeigten. Daniela Krein hatte vorher höflich angefragt, wie es sich für einen Besuch in „fremden vier Wänden“ gehört. (Vor einigen Jahren war das Flüchtlingsheim nach einem Großbrand so umgebaut worden, dass Familien eine abgeschlossene Wohnung erhalten können).

„Das familiengerechte Konzept erscheint auf den ersten Blick gelungen zu sein“, stellte Jürgen Hardt fest. Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz hatte es zuvor erläutert: „Da reicht keine Betreuung nach der Devise ‚trocken, warm, satt‘. Da kommt es auch auf Kinderbetreuung, Beschulung und Hausaufgabenhilfe an!“ Er habe jedenfalls “großen Respekt vor der Leistung von Daniela Krein und ihren Mitarbeitern“. Zumal diese, wie von der Stadt festgelegt, keinen Unterschied machten zwischen anerkannten Asylanten und Flüchtlingen, deren Asylverfahren noch in der Schwebe sei. Jürgen Hardt gab dem OB recht: „Auch wenn Flüchtlinge eines Tages wieder in ihre alte Heimat zurückkehren (müssen), sollen sie das Gefühl mitnehmen, bei uns gut aufgehoben gewesen zu sein. Sprachkenntnisse, Sprachförderung sind für alle Menschen ein Gewinn!“ Der OB: „Solang die Menschen bei uns sind, kümmern wir uns um ihre Integration!“ Und das heißt auch, dass Flüchtlingsfamilien, die sich in Remscheid akklimatisiert haben, aus dem Heim ausziehen und eine private Wohnung im Stadtgebiet beziehen können, die die Stadt bezahlt. (Einig waren sich die Besucher des Flüchtlingsheims gestern darin, dass die gegenwärtige Zahl der Flüchtlinge für Remscheid mit seinen 109.000 Einwohnern in keinem Verhältnis stehe zu der einen Million Flüchtlinge im Libanon, einem kleinen Land mit nur vier Millionen Bewohnern.)

Betreut werden von den Mitarbeitern des BAF e.V. zurzeit auch zwei Flüchtlinge unter 16 Jahren. Sie hatten sich ohne ihre Eltern nach Deutschland durchgeschlagen. Minderjährige müssen die Jugendämter in ihre Obhut nehmen. Ihnen wird ein Betreuer zur Seite gestellt. Wie Jutta Velte zu berichten wusste, hat die Landesregierung zum Umgang mit minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen eine Informationsbroschüre ins Internet gestellt (http://tinyurl.com/obzak5e). Demnach hat das Jugendamt die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen. Dies erfordere „eine Einzelfallentscheidung, welche Unterbringung die geeignete und situationsangemessene ist." Das beinhalte auch, für das Wohl der ausländischen Kinder und Jugendlichen zu sorgen und dabei den „notwendigen Unterhalt“ sowie die „Krankenhilfe“ sicherzustellen. Zitat aus der Broschüre: „Das Jugendamt hat unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. ‚Unverzüglich‘ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass innerhalb von drei Werktagen das Familiengericht einzuschalten ist. Ein Vormund kann jedoch erst dann bestellt werden, wenn die Eltern des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings nicht (mehr) zur Vertretung berechtigt sind. Dies ist erst dann der Fall, wenn das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt wurde. Daher muss das Jugendamt zunächst die Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge und anschließend die Bestellung eines Vormunds beantragen. Da beide Anträge beim zuständigen Familiengericht zu stellen sind, sollten sie miteinander verbunden werden. Zur Unterstützung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im gesamten Verlauf des komplexen asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren empfiehlt es sich außerdem, beim Gericht die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft zu beantragen.“


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