Am 8. September 2015 besichtigten die Mitglieder des städtischen Kulturausschusses im Stadtarchiv an der Hastener Straße den verborgenen Kunstschatz der Stadt Remscheid. Die Bemerkung, die damals in der Runde fiel, trifft den Sachverhalt nur unvollkommen bis gar nicht. Natürlich sind die Gemälde und Skulpturen in dem verschlossenen, fensterlosen Archivraum für städtische Mitarbeiter mit Schlüsselgewalt jederzeit zugänglich. Theoretisch. Praktisch interessiert sich niemand für die Werke. Zum anderen verspricht Kunstschatz Werte, die sich in Cent und Euro beziffern lassen. Tatsächlich aber tauchen die einzelnen Objekte in der Eröffnungsbilanz der Stadt (sie wurde zum 1.1.2008 erstellt im Zuge der Umstellung vom kameralistischen auf das Neue Kommunale Finanzmanagement für Gemeinden im Land NRW /NKFG NRW) nicht auf; ihr Wert ist also bilanziell gleich Null.
Selbstverständlich haben bestimmte Gemälde und Grafiken beispielsweise die Sammlung des Remscheider Malers Johann Peter Hasenclever, die Werke des Graphikers Gerd Arntz und des Bühnenbildners Teo Otto sowie Plastiken von Heinrich Neumann ihren Wert. Dieser ist allerdings noch nie von einem Sachverständigen beziffert worden. Und da die Stadt nicht daran denkt, sich davon zu trennen, ist ein teures Gutachten auch weiterhin verzichtbar.
Bei den meisten Stücken aus der städtischen Kunstsammlung dürfte es allerdings schwer fallen, über den ideellen Wert hinaus auch einen materiellen festzustellen. Die Sammlung geht zwar auf Zeiten zurück, in denen die Stadt örtliche Kulturschaffende finanziell noch nennenswert fördern konnte, mit anderen Worten: Für den Ankauf von Bildern und Plastiken floss Geld aus der Stadtkasse. Es heißt, bis in die 90er Jahre habe es einen Etatposten "Kunstankauf" gegeben. Doch wann er eingerichtet wurde, wann die Ankäufe eingestellt wurden und wieviel Geld die Stadst insgesamt dafür aufgebracht hat, ist unklar (die endgültige Antwort auf eine entsprechende Anfrage des Waterbölles vom 13. September 2015 steht noch aus).
Beantwortet ist dagegen die Frage, woraus die Kunstsammlung im Einzelnen besteht. Danach hatte Bezirksbürgermeister Otto Mähler mit Hinweis auf den Archivbesuch des Kulturausschusses in einer Sitzung der Bezirksvertretung Alt-Remscheid gefragt. Inzwischen liegt von Lutz Heinrichs (Kulturdezernat) eine CD vor, auf der alle in städtischem Besitz befindlichen Gemälde, Zeichnungen, Stahlstiche, Radierungen, Lithografien, Holz- und Linolschnitte, Siebdrucke, Fotografien und Skulpturen in Text und Bild beschrieben sind - registriert von
Nr. 1 Gemälde, (1859) Öl auf Eichenholz, von Eduard Karl Franz von Gebhardt, Rahmenmaß 62,6 x 52,7 Zentimeter, Bild 44,0 x 33,3 Zentimeter, gestempelt auf Bild- und Rahmenrückseite, unten mittig: Karsruh 1859 (soll wohl Karlsruhe bedeuten), Bild hinter Glas im Holzrahmen, Rahmen Innen- und Außenleiste gold-antik lackiertes Stuck-Relief, Mittelfries mahagonifarben lackiert, mit Lochtechnik verziert (linkes Bild) bis
- Nr. 2071 Gemälde von Teo Otto, Öl auf Leinwand, auf Keilrahmen 150,4 x 150 Zentimeter (rechtes Bild).
Dazwischen findet sich eine Vielzahl von Zeichnungen, Gemälden und Plastiken, die noch nicht die Ehre hatten, in öffentlichem Rahmen ausgestellt zu werden. Vielleicht auch, weil das der Ehre etwas zu viel gewesen wäre? Natürlich können sie im dunklen Archivraum des Historischen Zentrums weiterhin ihr Dasein fristen, ohne dass es in irgendeiner Weise stören würde. Aber wäre es nicht sinnvoller, diese Objekte ohne nennenswerten historischen oder materiellen Wert an Bürgerinnen und Bürger zu veräußern, die daran Interesse hätten, die sich daran erfreuen möchten?
Die finanzschwache Stadt Remscheid hat viele Baustellen, die aus Geldmangel ruhen müssen. Da wäre zum einen der Stadtparkteich. Dessen Sanierung hat sich seit dem vergangenen Jahr zwar ein kleiner privater Verein zum Ziel gesetzt. Doch dass es ihm gelingt, 320.000 Euro bei örtlichen Sponsoren einzusammeln, darf bezweifelt werden. Und da wäre zum anderen Haus Cleff, ein noch weit größerer Sanierungsfall. Gewiss, beide Projekte sind zu kostspielig, als dass die Versteigerung von 1.500 Kunstwerken das benötigte Geld einspielen würde. Aber als Lagerbestand bis zum St. Nimmerleinstag sind sie nun einmal zu gar nichts nutze.