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Channel: Waterbölles - Kommunalpolitik
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Wenn Klassenräume an DRK-Kleiderkammern erinnern

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Die Waterbölles-Glosse

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(Nachdruck aus der Wuppertaler Rundschau vom 16. November 2013)
von Roderich Trapp

Dieser Tage erreichen uns alarmierende Nachrichten aus Remscheid. Falls Sie diese Stadt nicht kennen: Es handelt sich um eine bergische Ansiedlung, die sogar . noch hinter Ronsdorf und Cronenberg liegt. Also genau dort, wo viele Zentral-Wuppertaler fälschlich das Ende der Welt vermuten. In Remscheid also, so hören wir, haben es speziell die Grundschüler sehr schwer, weil die Stadtverwaltung hier besonders rigoros auf die Einhaltung der Brandschutzvorschriften drängt. Deshalb dürfen auf den Gängen keine Garderoben und folglich auch keine Jacken mehr hängen, weil die den Fluchtweg versperren könnten...

Ich räume ein, über dieses Problem bisher viel zu wenig nachgedacht zu haben - auch mit Blick auf meine eigene Grundschulzeit. Man bekommt ja förmlich eine Gänsehaut, wenn man sich erinnert: Im Grunde müssen wir alle mehrere Päpste in der Tasche gehabt haben, dass wir da vier Jahre lang jeden Mittag ohne nennenswerte Brandwunden rausgekommen sind. Jederzeit hätten sich die Haare auf den Zähnen der einen oder anderen seinerzeit noch gerne im Gebäude rauchenden Lehrerin entzünden, und ein flammendes Inferno auslösen können. Dann wären wir vor der Feuerwalze auf den Gang geflüchtet und dort unweigerlich an unseren Steppjäckchen Größe 136 abgeprallt, von kleinen Friesennerzen gebissen oder von aggressiven Turnbeuteln stranguliert worden.

Genau genommen kenne ich zwar insgesamt keine größeren Mengen verbrannter Grundschulkinder, aber man kann ja wirklich nicht vorsichtig genug sein. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass die Todesfalle Grundschulgang endlich entschärft wird. Dass jetzt alle Kinder ihre Klamotten mit ins Klassenzimmer müssen und selbiges dann aussieht wie die Kleiderkammer vom Roten Kreuz, kann man da locker in Kauf nehmen. Wenn die Sachen bei schlechtem Wetter schön nass sind, ist das umso besser, weil sie dadurch ja noch schlechter brennen. Dass es in der Bude dann ungefähr so luftfeucht ist wie im Wuppertaler Zoo bei den Reptilien, macht auch nichts. Vielleicht hilft das sogar, wenn der Unterrichtsstoff zu trocken dargeboten wird.

Apropos: Wäre es im Sinne des Brandschutzes nicht besser, nur noch Feuerwehrleute als Lehrer zu beschäftigen? Oder vielleicht gar nicht mehr zur Schule zu gehen, weil das ganze dort erworbene Wissen ja sowieso nichts bringt, wenn es regelmäßig samt I-Dötzchen niederzubrennen droht? Besonders gemütlich ist es in den Schulen doch sowieso nicht mehr, seit auf den Gängen auch keine schöne bunten Schüler-Bildchen aus Papier oder Col­lagen aus Pappe mehr hängen dürfen, weil die leicht entflammbar sind. Ein ähnliches Ambiente kennt man bereits von anderen kinderfreundlichen Einrichtungen wie etwa dem Simonshöfchen oder der Pathologie im Klinikum Barmen.

Durch diese triste Piste schlurft der moderne Erstklässler also morgens in sein Klassenzimmer, stellt das sinnvollerweise aus Asbest gefertigte Tornisterchen ab, schmeißt die nasse Jacke auf den großen Haufen und verfolgt mehrere Stunden lang den Unterricht des Lehrkörpers, dessen Umrisse rar im Dunst nur schemenhaft er­kennt. Immerhin jucken die Kopfläuse nicht mehr so sehr, die sich seit der Jackenmassenhaltung sprunghaft vermehrt haben. Danach schlurft er durch die feuerfesten Gänge bis auf die Straße, wo ihn eine sehr eilige Mutter mit ihrem Geländewagen überfährt Aber Hauptsache, er ist nicht verbrannt. Bis die Tage!  


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