Zum 31. Dezember 2015 beliefen sich die Liquiditätskredite der Stadt Remscheid auf 625 Millionen Euro, sie spiegeln in ihrer Summe die jährlichen Kassendefizite der zurückliegenden 25 Jahre wider. Nach der aktuellen Planung der Stadt wird die Kämmerer zum 31. Dezember 2016 den Bestand an Liquiditätskrediten auf 608 Millionen Euro zurückfahren können. Stadtkämmerer Sven Wertz, als er am Donnerstag im Rat der Stadt den Doppelhaushalt 2017/2017 einbrachte: Nach einem Vierteljahrhundert wird 2016 das erste Jahr sein, an dessen Ende weniger Schulden stehen als zu seinem Beginn. Wir werden voraussichtlich 17 Millionen Euro an die Banken zurückzahlen, weil die liquiden Mittel der Stadt Remscheid dies ermöglichen. Das ist Folge einer positiven Finanzrechnung und eines positiven Gesamtergebnisses. Die Ziele des Stärkungspaktgesetzes werden 2016 erreicht. (Das Stärkungspaktgesetz sieht vor, dass ab 2017 die zins‐ und tilgungsfreie Sonderzuweisung des Landes schrittweise zurückgeführt werden soll. In diesem Jahr erhalten wir 17,7 Millionen Euro, für das kommende Jahr ist dieser Betrag reduziert und in Höhe von 13,8 Millionen Euro eingeplant worden. Über den gesamten Zeitraum des Stärkungspaktes bis einschließlich 2020 wird Remscheid gut 124 Millionen Euro erhalten.
Der Entwurf des Doppelhaushaltes 2017/2018 knüpft an den Erfolg unseres gemeinsamen Strebens in 2016 an, so Wiertz. Auch dieser erfülle die Voraussetzungen des Stärkungspaktgesetzes und schreibe den Haushaltsausgleich mittelfristig bis 2021 fort. In diesem Zeitraum könne somit Eigenkapital-Defizit von derzeit 103,5 Millionen Euro auf 89,6 Millionen Euro verringert werden. Der Einzahlungsüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit summiere sich gleichzeitig auf mehr als 127 Millionen Euro. Wiertz: Dieser Betrag trägt zu einer stetigen Verringerung des Bestandes an Liquiditätskrediten bei, die sich Ende 2021 in Summe auf 497 Millionen Euro belaufen werden.
In Vorbereitung des neuen Doppelhaushalts seien in zahlreichen Produktgesprächen zwischen Fachdiensten und Kämmerei die Ansätze grundlegend neu geplant wurden. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei und den Finanzverantwortlichen in den Fachdiensten habe es ermöglicht, den Haushalt neu aufzustellen.
Entlastung der Kommunen durch den Bund
Die im Spitzengespräch zwischen der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder am 16. Juni vereinbarte Regelung sieht eine Entlastung der Kommunen in drei Säulen vor. Die erste Säule besteht aus 2,4 Milliarden Euro, die den Kommunen durch eine Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer zufließen wird. Die zweite Säule umfasst 1,6 Milliarden Euro, die den Kommunen durch einen höheren Bundesanteil bei den Kosten der Unterkunft zukommen wird. Die dritte Säule besteht aus einer Milliarde, die an die Kommunen über die Länder weitergeleitet werden sollen. Nordrhein‐Westfalen hat angekündigt, dieser Verpflichtung durch eine vollständige Weiterleitung des auf unser Land entfallenden Teilbetrages von 217 Millionen Euro an die Kommunen nachzukommen. Auf Grundlage der Musterrechnung des Landes und eigener Berechnungen werde Remscheid knapp 9,2 Millionen Euro erhalten, berichtete Wiertz. Die Entlastung der Kommunen erfolge allerdings ohne eine Anpassungsdynamik: Auf diese Weise verringert sich der Barwert der Entlastung in den Folgejahren. Je nach Inflationsszenario verringert sich der Barwert innerhalb von fünf Jahren um zwischen fünf und zehn Prozent. Die Intensität der Entlastung verringert sich damit schrittweise.
Gewerbesteuer zurückhaltend geplant
Im Sinn einer vernünftigen Planung mit Augenmaß hat die Stadt den Anstieg der Gewerbesteuer in den kommenden Jahren erneut um zwei Millionen Euro jährlich geringer eigeplant: 2017 sind das dann 62,4 Millionen Euro an Stelle von bisher 64,4 Millionen Euro . Die konjunkturelle Entwicklung lasse gegenwärtig eine andere Einschätzung nicht zu, stellte der Stadtkämmerer im Rat fest. Laut IHK‐Datendienst sei der Industrieumsatz in Remscheid gegenüber dem Vorjahr um 11,2 Prozent zurückgegangen ist, darunter der Umsatz im Maschinenbau um 16,6 % und im Bereich der Metallerzeugung um 11,8 %. Entsprechend seien die Vorauszahlungen in diesem Jahr bereits zurückgegangen. Einen positiven Effekt bei der Nachveranlagung verspreche er sich jedoch durch die Teilnahme der seit knapp sieben Wochen bei der Stadt Remscheid tätigen Betriebsprüferin an Außenprüfungen des Finanzamtes.
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer habe sich in den zurückliegenden Jahren zu einer immer wichtigeren Ertragsart entwickelt, fuhr Wiertz fort. Von jedem Euro gezahlter Einkommensteuer stehen 15 Cent den Kommunen zu. Im kommenden Jahr rechne ich mit einem Ertrag in Höhe von knapp 50 Millionen Euro. Maßgeblich für diesen Betrag ist die vom Land für Remscheid für den Zeitraum zwischen 2015 und 2017 festgesetzte Schlüsselzahl. Im darauffolgenden Jahr wird dieser Betrag deutlich auf knapp 56,5 Millionen Euro steigen. Der Remscheider Schlüssel ist abhängig vom Einkommenssteueraufkommen der Remscheider Einwohner im Verhältnis zur Entwicklung der anderen Kommunen in NRW. Völlig atypisch und unerwartet ist der ab 2015 gültige Verteilschlüssel um rund acht Prozent nach unten korrigiert worden und führte in gleichem Maße zu einer Reduzierung der voraussichtlichen Einnahmen. Die erhebliche Abschwächung des Verteilschlüssels stellt eine der Nachwirkungen der Weltwirtschafts‐ und Finanzkrise insbesondere des Jahres 2010 dar, in dem das Einkommensteueraufkommen Remscheids um rund ein Sechstel eingebrochen ist unter anderem eine Folge der Kurzarbeit in vielen Betrieben.
Steuersenkungen mindern Einnahmen der Kommunen
Bundesweit für Aufmerksamkeit hat die Äußerung von Finanzminister Schäuble gesorgt, ab 2018 Könne die Lohn‐ und Einkommensteuer um jährlich 15 Milliarden gesenkt werden. Sven Wertz warnte: Der Ertragsausfall bei Steuersenkungen trifft nicht nur den Bund, sondern auch die Städte und Gemeinden. Sie verlören Erträge von 2,25 Milliarden Euro, Remscheid etwa 2,8 Millionen Euro. Deshalb kann die Forderung der kommunalen Familie nur lauten: Die Folgen von Steuersenkungen sind vollständig vom Bund zu tragen. Die Kommunen können diese Lasten nicht tragen. Im Übrigen wäre es doch anachronistisch: 2018 gibt es 9,2 Millionen Euro Bundesentlastung und im gleichen Atemzug fielen 2,8 Millionen Euro für Remscheid wieder weg!