Berichte in den lokalen Medien über nächtliche Randale und Sachbeschädigungen im Allee-Center veranlasste die CDU-Fraktion zu einer Anfrage zur gestrigen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Der drängende Tonfall, den der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Peter Nettekoven darin anschlug, konnte den Eindruck erwecken, als habe die Stadtverwaltung auf diese Vorgänge nicht reagiert. Zitat: Achselzucken ist keine angemessene Antwort auf Randale und Pöbeleien. Wir erwarten von der Stadtspitze, dass dem Allee-Center, das nicht nur für unsere Innenstadt eine große Bedeutung hat, und den dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geholfen wird. (...) Auch wir sehen mit Sorge, dass sich das Allee-Center aufgrund randalierender und pöbelnder Gruppen von zumeist Jugendlichen zu einem sozialen Brennpunkt entwickeln könnte in dem Bereich vom Teo Otto Theater zum Allee-Center und zwischen Allee-Center und Theodor-Heuss-Platz.
Als sozialer Brennpunkt (Synonym für Problemviertel) werden nach einer Definition des Deutschen Städtetages von 1979 Wohngebiete bezeichnet, in denen Faktoren, die die Lebensbedingungen ihrer Bewohner und insbesondere die Entwicklungschancen beziehungsweise Sozialisationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen negativ bestimmen, gehäuft auftreten, erläuterte in der gestrigen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses Sozialdezernent Thomas Neuhaus. Die Jugendlichen, die aktuell vermehrt, oder die Personen, die sich regelmäßig auf dem Theodor-Heuss-Platz oder auf der anderen Seite des Alleecenters aufhalten, und die aktuellen Vorfälle rechtfertigen aus Sicht des Sozialdezernates sicherlich nicht ... die Einordnung als sozialer Brennpunkt, betonte Neuhaus.
Öfter halten sich in der letzten Zeit Jugendliche in (größeren) Gruppen vor dem Alleecenter auf. Dieses Phänomen, dass Jugendliche, insbesondere im Rahmen der Pubertät, sich in Peergroups (Gruppen von Gleichaltrigen) treffen und selbstorganisiert Orte und Räume suchen, um sich auszuprobieren, ist eine normale Entwicklung, fuhr der Sozialdezernent fort. Dies zeige sich regelmäßig und an unterschiedlichen Orten in der Stadt leider auch manchmal der Gestalt, dass die Jugendlichen in dieser Entwicklungsphase auffallen und hierdurch Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erreichen wollen. Es ist sinnvoll, dass sich der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) und der (einzige) Streetworker des Jugendamtes abstimmen und ein gemeinsames Vorgehen der Ansprache und Orientierung der Jugendlichen vereinbaren, so Neuhaus weiter. Für diese Ausdrucksformen jugendlicher Entwicklung müsse die Abteilung "Jugendförderung" des Fachdienstes Jugend, Soziales und Wohnen ihr Handlungsfeld "Aufsuchende Jugendsozialarbeit"überarbeiten - auch ein Thema für die freien Träger der Jugendhilfe in der Arbeitsgemeinschaft AGOT. Mögliches Ziel: die Hinführung dieser Jugendlichen zu den Freizeitangeboten in Gelber Villa und Kraftstation. Neuhaus weiter: Im Bedarfsfall sollten aber auch ergänzende passgenaue Angebote für diese Gruppen entwickelt werden (z.B. soziale Gruppenarbeit).
Insgesamt unbefriedigend befand Bezirksbürgermeister Otto Mähler die gegenwärtige Situation: Die alten Leute trauen sich nicht mehr ins Allee-Center! Da muss was passieren! Und Fritz Beinersdorf (Linke) forderte ebenso wie Sven Wolf (SPD) ein alternatives Aufenthaltsangebot für Jugendliche in der Innenstadt. Eine solche Anlaufstelle fehle, seit die Stadt das Jugendcafé RIC am Markt aus Kostengründen geschlossen habe, kritisierte Beinersdorf. Thomas Neuhaus hielt entgegen, das gegenwärtige Phänomen lass sich durch ein neues RIC nicht einfangen.
Auf die Frage der CDU-Fraktion, zu wie vielen Einsätzen die Polizei in jüngster Zeit habe ausrücken müssen und wie oft und an welchen Tagen von ihr die Schließung des Durchwegs im Allee-Center (Anm. außerhalb der Geschäftszeiten) angeordnet worden sei, antwortete gestern Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke: Eine Einsatzrecherche bei der Polizei hat ergeben, dass seit Jahresbeginn 18 Einsätze wegen Randalierer, Körperverletzung, Belästigung, Hausfriedensbruch zum Allee-Center gefahren wurden. Die Polizei hat dreimal aus gegebenem Anlass den Durchgang am Allee-Center sperren lassen.
Im Ausschuss für Bürger, Umwelt, Klimaschutz und Ordnung (BUKO) habe Ordungsamtsleiter Beckmann am 21. November 2017 berichtet, dass von den bis dahin geplanten 40 gemeinsamen Streifen mit der Polizei 28 stattgefunden hätten, fuhr Barbara Reul-Nocke fort. Sieben seien vom KOD und fünf von der Polizei abgesagt worden. Der KOD habe bis dahin 188 Streifengänge in der Alleestraße und der Umgebung durchgeführt. Der Weihnachtsmarkt (und damit auch der Zugang zum Allee-Center) sei zweimal täglich (auch samstags) kontrolliert worden. Seit der Sitzung des BUKO am 21. November seien 20 gemeinsame Streifen mit der Polizei geplant worden, von denen dann aber drei durch die Polizei und eine durch den KOD abgesagt worden seien. Somit haben 16 gemeinsame Streifen stattgefunden! Der KOD habe den Innenstadtbereich, dazu gehören auch die Zugänge ins Allee-Center vom Rathausplatz und vom Teo Otto Theater, an insgesamt 71 Tagen teilweise mehrfach täglich kontrolliert, insgesamt seien in diesem Zeitraum 151 Streifengänge registriert. Die Dezernentin: Die Kontrollen finden überwiegend tagsüber statt, es sind 14 Kontrollen nach 20 Uhr registriert. Seit Schließung des Einzelhandelsgeschäfts Netto am Markt hat sich die Szene der Trinker vermutlich in Richtung Allee-Center verlagert, da im Real bis in die Abendstunden Alkohol nachgekauft werden kann. Da es sich bei dem Durchgang im Allee-Center um eine Privatfläche handele, obliege die Kontrollpflicht im Übrigen dem Eigentümer, betonte Barbara Reul-Nocke. Dieser habe dafür bis in die Abendstunden einen Wach- und Schließdienst engagiert, aber nicht nachts!
"Nächtliche Randale im Allee-Center beschäftigt Politik" vollständig lesen