Die Sozialdemokratie in Deutschland befindet sich seit Beginn 2017 in einem sehr unruhigen Fahrwasser. Wir erlebten einen Höhenflug, als wir mit Martin Schulz unseren Kanzlerkandidaten 2017 nominierten und das Thema Gerechtigkeit in den Focus unsere Politik nahmen. Umso erschütternder waren im Jahr 2017 einige Landtagswahlergebnisse und auch das verheerende Ergebnis von 20,5 Prozent bei der letzten Bundestagswahl, begann die SPD-Unterbezirksvorsitzende Christine Krupp am Samstag in der Mensa der Albert-Einstein-Schule ihr Rede auf der Vollversammlung der Remscheider SPD. Die Mitglieder blickten zurück auf ein schwieriges Jahr, voraus auf die Europawahl und berieten insgesamt elf Anträge. Krupp: Die Zahl der Anträge beweist: die Remscheider SPD war, ist und bleibt eine diskussionsfreudige und lebendige Partei!
Nach der Schlappe bei der Bundestagswahl war das Statement des SPD-Unterbezirksvorstands: Die Partei ist abgewählt und geht in die Opposition! Doch es kam anders, wie Christine Krupp erinnerte: Bundespräsident Frank Walter Steinmeier bat die SPD, Verantwortung zu übernehmen! Davor habe sich die Partei noch nie gescheut. Es wäre schön gewesen, wenn wir heute, ein Jahr später, sagen könnten, die Entscheidung wäre uneingeschränkt richtig oder verdammenswert falsch gewesen. Durch die niederschmetternden Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Herbst vergangenen Jahres und durch Umfrageergebnisse konnten sich die Gegner einer Großen Koalition bestätigt fühlen können. Aber inzwischen könne die SPD wieder zeigen, dass es doch einen riesigen Unterschied mache, ob die CDU und FDP oder die Sozialdemokraten in Berlin die Weichen stellen: Aus den aus den sozialdemokratisch geführten Bundesministerien seien zu Beginn dieses Jahres gute, konkrete Gesetze gekommen.
Zum Beispiel das Gute Kita-Gesetz von Familienministerin Franziska Giffey oder die die Respekt-Rente von Arbeitsminister Hubertus Heil. Ihm sei auch das Recht auf Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit zuzuschreiben. Und Umweltministerin Svenja Schulze kämpfe für die Einhaltung der Klimaziele und der ökologischen Nachhaltigkeit. Wer also sagt, das ist alles Einheitsbrei und es gibt keinen Unterschied zwischen Sozialdemokraten und Unionspolitikern, dem rufe ich zu: Klar gibt es einen Unterschied!, betonte Christine Krupp.
Leider sei die SPD auch 100 Jahre nach Einführung des allgemeinen, freien und geheimen Wahlrechts in punkto Gleichberechtigung noch nicht am Ziel. Für die Remscheider SPD müsse das heißen, die Partei der Eltern zu sein: Die Eltern in unserer Stadt müssen sich darauf verlassen können, dass wir dafür sorgen, dass ihr Kind einen Platz in der Kita oder in einer Offenen Ganztagsschule bekommt und zwar wohnortnah, qualitativ hochwertig und vor allen Dingen auch bezahlbar!
Gleichwohl befinde sich die SPD seit einigen Monaten auf dem richtigen Weg zwar zurück zu sich selbst! Auch die Diskussion um die Überwindung der Hartz IV-Gesetze zeigen, dass die Partei ihre Seele wiedergefunden hat. Und wenn FDP und die CDU der SPD vorhielten, wir machen einen Linksruck, weil wir die Armut von Kindern in diesem Land bekämpfen wollen, weil wir fordern, dass jedem nach jahrzehntelanger Arbeit eine vernünftige Altersrente zustehen muss oder weil wir für Steuergerechtigkeit eintreten, ja, dann sind wir links! Wenn ein Bezieher von Hartz IV 150 Euro schwarz hinzuverdiene, rege sich jeder darüber auf. Aber was sind 150 Euro im Vergleich zu Hundertausenden oder gar Millionen von Euro, die bei CumEx- und Cum Cum-Geschäfte hinterzogen werden, und diese sehr reichen Menschen werden dafür noch nicht einmal dafür belangt?! (...) Wir brauchen keinen Sozialstaat, der die Menschen verwaltet, schikaniert oder von einer Maßnahme in die andere unterbringt. Wir brauchen einen wahrhaft solidarischen Sozialstaat, der Menschen immer dann auffängt, wenn sie drohen abzurutschen, der ihnen hilft, wieder auf die Füße zu kommen und der ihnen stets das Wichtigste lässt, was wir einem Menschen geben können und womit auch unser Grundgesetz beginnt: die Würde!
Die Rückbesinnung der SPD auf ihre Herkunft sei im Hinblick auf die Europawahl am 26. Mai gerade richtig gekommen, fuhr die SPD-Unterbezirksvorsitzende fort. Bei der Europawahl am 26. Mai werde sich entscheiden, ob wir in Nationalismus zurückfallen, wie es die Rechten gern hätten, ob Europa nur für Wirtschaft und reiche Menschen da ist und ob Frieden und Wohlstand für die Mehrheit der europäischen Bevölkerung ein Traum / eine Vision bleibt. Und den Remscheider SPD-Mitgliedern rief Christine Krupp zu: Seid dabei, diskutiert, überzeugt, kämpft und das nicht nur für eure Zukunft sondern auch für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder!