Waterbölles-Kommentar
Die beste Idee zählt, meint Nordrhein-Westfalens
jüngster Bürgermeister Erik Lierenfeld aus Dormagen (27) und setzt statt auf
feste Koalitionen lieber auf wechselnde Mehrheiten. Das ist etwas, was sich der
Remscheider CDU-Kreisvorsitzende und (nachgerückte) Landtagsabgeordnete Jens Nettekoven
offenbar gar nicht vorstellen kann. Er würde lieber mit der SPD über eine große
Koalition im Rat der Stadt Remscheid verhandeln, wie gestern die Bergische
Morgenpost berichtete. Aber weiß der Chef der Remscheider Christdemokraten,
im Hauptberuf Bundeswehr-Hauptmann, überhaupt, wie es bei wechselnden
Mehrheiten zugeht? Da hat eben keine verschworene Gemeinschaft (Koalition) das
arrogante Sagen, sondern da siegt eine bessere Idee nach inhaltlicher
Diskussion in öffentlicher Sitzung über eine gute. Das lässt den kleinen Fraktionen
die Möglichkeit, auch einmal mit einem sinnvollen Vorschlag eine Ratsmehrheit
zu gewinnen.
Dann wären die Grünen und wohl auch die
FDP wieder mit im Boot, zitiert die Zeitung Nettekoven. Eine durchaus richtige
Schlussfolgerung. Die noch zu ergänzen wäre: Auch die W.i.R. und die Linken!
Denn dass die auch mal eine mehrheitsfähige gute Idee ausbrüten, ist doch wohl
nicht von vornherein ausgeschlossen? Für Jens Nettekoven scheint das allerdings
eine schwer erträgliche Vorstellung zu sein, obwohl die Kommunalpolitiker aller
Couleur verpflichtet sind, das Wohl der Stadt im Auge zu haben. Zitat aus der
BM: Als Mehrheitsbeschaffer nur dann zur Verfügung zu stehen, wenn es bei der
SPD mit den kleinen Fraktionen nicht reicht auf diese Rolle will sich die CDU
nicht reduzieren lassen, sagt Nettekoven.
Das spricht für ein schlichtes Bild des
politischen Geschehens in Remscheid. Da ist die SPD, die die Ideen hat und sich
dafür eine Mehrheit sucht. Erst einmal bei den kleinen Fraktionen. Und wenn die
schmollen, darf auch mal die CDU!? Wo bleiben
da die guten Ideen der CDU? Schon in den vergangenen fünf Jahren, in der
Opposition gegenüber der Gestaltungsmehrheit von SPD, FDP und Grünen, hätte es
der CDU gut zu Gesicht gestanden, wenn sie diese von ihren guten Ideen hätte
überzeugen können. Doch diese Ideen blieben leider aus, wie die unklare Erfolgsbilanz
im Wahlprogramm der CDU beweist.
Diese Art von Neinsager-Opposition zu
verinnerlichen, wäre für die CDU fatal. Mehrheitsbeschaffer für die SPD? Ja,
warum denn nicht, wenn die CDU-Ratsmitglieder von der Idee der Konkurrenz wirklich
ehrlich überzeugt sind. Ansonsten lieber Alternativen präsentieren und selbst
für eine Ratsmehrheit sorgen nach dem Motto Die beste Idee zählt.
Je häufiger eine Fraktion das schafft, desto
öfter kann sie zu einer echten Gestaltungsmehrheit gehören. Das scheinen die politischen
Hoffnungsträger der Remscheider CDU noch lernen zu müssen, denen die sichere
Bank einer Koalition derzeit noch verlockender erscheint. Die große Koalition -
ein weiches Ruhekissen?