Die Chancen stehen gut, dass die in den vergangenen zwei Jahren von Jochen Rohr, Ralf Wieber und ihren Mitstreitern im wegbereitenden Vereins ISG Alleestraße vorangetriebene Immobilien- und Standortgemeinschaft am 1. Januar 2015 endlich an den Start gehen kann. Denn die Landesregierung NRW will die Hürden für die ISG senken. Während das ISG-Gesetz derzeit vorsieht, dass 75 Prozent aller Immobilieneigentümer im Geltungsbereich einer ISG dieser beitreten müssen, damit auch die fehlenden 25 Prozent verpflichtet werden können, sich finanziell an den geplanten Aktionen und Vorhaben zur Belegung des Viertels zu beteiligen, soll das Quorum künftig nur noch bei 66 Prozent. Jochen Rohr reagierte auf das Signal aus Düsseldorf mit Erleichterung. Und gestern hatte er einen weiteren Grund zur Freude: 46 Studentinnen und Studenten der Universität Wuppertal wollen die Stadt und den Verein ISG Alleestraße beim Brainstorming über die Zukunft der Fußgängerstraße unterstützen. Sie haben bis zum 14. Juni ihr Quartier mitten in der Remscheider City aufgeschlagen, in dem leerstehenden Ladenlokal von Radio Kappen (zuletzt von Schlecker gemietet bis zum Konkurs der Ladenkette) am Markt. Hausbesitzer Kappen hatte es Ragnhild Klußmann vom Lehrstuhls Städtebau der Bergischen Uni und den Architekturstudent/innen kostenlos zur Verfügung gestellt. In den hellen Räumen gegenüber der evangelischen Stadtkirche, durch die großen Schaufenster von außen gut einsehbar das weckt Neugierde! wollen 13 junge Leute in den nächsten Wochen ihr spezielles Konzept zur Verschönerung der Alleestraße zum Thema ihrer Bachelor-Arbeit machen, während 33 andere (4. Semester) sich ein neues Gesamtkonzept für die Allee zum Ziel gesetzt haben. Dazu wollen sie auch Passanten, Laden- und Hausbesitzer befragen.
Entstanden ist die Idee aus dem so genannten bergisch.project, einer Kooperation der Uni mit der Bergischen Entwicklungsagentur (BEA) gegründet, die von den drei bergischen Großstädten unterstützt wird. Das Forschungs- und Lehrprojekt startete 2012 mit einem Expertenworkshop im Mirker Bahnhof, um die Konzeption einer mehrjährigen Sommerakademie im Bergischen Städtedreieck zu entwickeln. Ihr Ziel: Neue Konzepte für die Stadtentwicklung. Im ersten Jahr der auf drei Jahre angelegten Sommerakademie gastierten 2013 Studierende aus verschiedenen Universitäten und Fachrichtungen aus ganz Deutschland in Solingen und entwickelten Konzepte für das leerstehende Birker Bad. 2015 werden die die Studierenden in Wuppertal gastieren. Und in diesem Jahr stehen mögliche Entwicklungsperspektiven für die Remscheider Innenstadt auf dem Plan, wobei der Austausch mit Bürgern, Unternehmen und Institutionen der Region ist ein wichtiger Bestandteil des Projekts ist, wie Vanessa Kämper von der BEA gestern Vormittag auf einer Pressekonferenz in den neuen Projekt-Räumen am Markt bestätigte. Die eigentliche Sommerakademie 2014, an der wieder Studierende verschiedener Fachrichtungen teilnehmen werden, findet ergänzend vom 10. bis 14. Juni statt.
An der gestrigen Pressekonferenz nahmen von Seiten der Remscheider Stadtverwaltung Stadtdirektor Burkhard Mast-Weisz, Stadtplanerin Birgit Burkhart sowie ihre Mitarbeiter Joachim Karp und Andreas Brosch teil. Mast-Weisz war vom Rathaus zu Fuß zum Markt gegangen, eine gute Gelegenheit festzustellen, dass sich die Schönheiten der Fußgängerzone in Grenzen halten. Es sei dringend nötig, dem Remscheider Zentrum eine neue Identität zu geben, betonte er. Es habe Charme, dafür Wissenschaft und Praxis an einem Tisch zu sehen. Ich freue mich auf tolle Ideen und bin sehr gespannt! Darauf hofft auch Jochen Rohr. Denn schließlich gehe es darum, das von den Hauseigentümern eingesammelte Geld (es sind nur beschränkte Mittel) in Abstimmung mit der Stadt möglichst optimal einzusetzen. Da ist zusätzlicher Input immer willkommen. Ich find das Projekt der Uni total Klasse!
Aufgabe der Studierenden wird es in den nächsten Wochen sein, direkt vor Ort Stadträume in der Innenstadt zu untersuchen, Potenzialräume zu kartieren und Entwürfe für die Umnutzung leerstehender Gebäude oder öffentlicher Räume zu entwickeln, etwa ein Zentrum für Vereine, Raum für temporäre Arbeitsplätze (Desksharing) und ein neues Kino (eine Großstadt ohne ein einziges Kino, das gehe gar nicht, meinen die Student/innen). Alle Arbeiten seien sehr nah an aktuellen Planungsaufgaben ausgerichtet, sagte gestern Projektleiterin Ragnhild Klußmann. Interessierte Bürgerinnen und Bürger lädt sie ein, in dem Studentenlokal am Markt ruhig mal vorbeizuschauen. Zum Abschluss des bergisch.project 2014 ist ein großes öffentliches Frühstück an einem langen Tisch mitten auf der Alleestraße angedacht.
Auf kreative Konzepte der Studierenden, freut sich auch Stadtplanerin Burkhart. Sie schließt nicht aus, dass sie teilweise auch in den Förderantrag zur Umgestaltung der Alleestraße und ihres Umfeldes einfließen werden, den die Stadt bis zum Jahres an das Land NRW stellen will. Aber die Bürgerinnen und Bürger werden sich an den Planungen der Verwaltung für die Alleestraße auch unmittelbar beteiligen können. Für den 24. Juni ist im Vaßbendersaal am Markt eine Bürgeranhörung geplant.